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15.12.2024 : 0:05 : +0100

Tiwanaku, Chacaltaya und La Paz

Von La Paz aus buchten wir also eine Tour nach Tiwanaku, der grossen Stadt mit Tempelanlagen der wichtigsten Kultur im Andenraum, von der allerdings nicht mehr viel uebrig ist, weil sie als Steinbruch verwendet wurde, von den Spaniern fuer Kirchen (unter anderem San Francisco in La Paz) und von einer englischen Firma fuer den Bau von Eisenbahnbruecken. In der Anlage, die Weltkulturerbe ist, wurden und werden Mauern ausgegraben bzw. rekonstruiert, der Eingang zum Tempel Kalasasaya ist recht gut erhalten (hier an diesem noch immer fuer die Aymara heiligen Ort fand im April eine Art Inaugurationszeremonie fuer den ersten Indigena-Praesidenten Boliviens, Evo Morales Aima, statt), am bekanntesten sind das Sonnentor und die bis zu 7,5 m hohen anthropomorphen Monolithe.

Die Kultur von Tiwanaku, die nach dieser Anlage benannt wird, bestand lange, vom 16. Jahrhundert vor bis ins 12. Jahrhundert n. Chr. (die Datierungen sind nicht ganz einheitlich), und sie beeinflusste alle Kulturen des Andenraums (bis ins Amazonastiefland) neben und nach ihr. Wenn die Informationen unserer kompetent wirkenden Fuehrerin stimmen, waren es die Leute von Tiwanaku, die Guanakos domestizierten (= Lamas) und mit dem Ackerbau begannen und dabei Hervorragendes leisteten (Zuechtung von Quinoa und 300 Kartoffelsorten, Methode der Gefriertrocknung zur Haltbarmachung von Kartoffeln etc.). Sielegten Kartoffelfelder innerhalb eines breiten Kanalnetzes an und schufen durch die temperaturausgleichende Eigenschaft des Wassers auf dieser Hoehe ein Mikroklima, das den Ertrag von 40 t Kartoffeln pro Hektar ermoeglichte. (Heute werden hier 4 t produziert.) Die Menschen von Tiwanaku bauten Kupfer, Gold und Silber ab, erfanden die Bronzelegierung und bearbeiteten es und waren Meister in der Steinbearbeitung, im Bauen von Be- und Entwaesserungsanlagen und in der Architektur.

Im kleinen, sehr schoenen Museo de Metales Preciosos Precolombinos in La Paz kann man (hinter 30-cm-Panzertueren) einige der kostbaren Goldfunde und –arbeiten der Tiwanaku-Kultur und ihrer Nachfolgekulturen sehen. Gerade beim Goldschmuck ist auf einen Blick die Abhaengigkeit der Inkas von Tiwanaku zu erkennen.

(Die Grabbeigaben, die in Sillustani gefunden wurden, sind zB nicht zugaenglich, sie liegen im Tresor einer Bank in Puno.)

 

Die Sprache der Leute von Tiwanaku war Pukina, daraus entwickelten sich zB Aymara und Quechua. Um 1200 ging diese Kultur zu Ende, da ihr eine lange Trockenzeit die Lebensgrundlage entzog. Der Wasserspiegel des Sees ging damals -  nach Angaben einiger WissenschaftlerInnen - um 40 m zurueck. (Taucher fanden Ruinen im See auch in 120 m Tiefe, diese konnten allerdings noch nicht wissenschaftlich ausgewertet werden, so erzaehlte es zumindest die Fuehrerin.) Die nachfolgenden Kulturen in Bolivien wurden von Aymara getragen, die dann im 15. Jahrhundert von den Quechua (Inka) unterworfen wurden.

 

Eine zweite Tour von La Paz aus fuehrte uns mit dem Bus auf ueber 5000 m zu einer Schihuette am Chacaltaya. Die “Strasse” war fuer den inzwischen eingestellten Bergbau angelegt worden und wurde spaeter als Zufahrt fuer einen am dortigen Gletscher errichteten Schilift benuetzt. Der Gletscher ist inzwischen verschwunden, mit ihm der Schilift. (Die Schisaison war hier uebrigens der Sommer, weil es da Niederschlaege gibt.) Der Blick war zwar von Wolken stark behindert, aber immer noch eindrucksvoll, auf – wetterbedingt nur einen – Gipfel der Cordillera Real, kurzzeitig auf den Titicaca-See, auf den Altiplano und La Paz. Die Anlage der Stadt war von hier gut zu erkennen: Gegruendet wurde sie 1548 von den Spaniern (als “La Ciudad de Nuestra Señora de La Paz”), angeblich, weil sie im Fluss, der heute mit Strassen ueberbaut ist, Gold gefunden hatten. Damals mag der Ort fuer eine Stadt ideal gewesen sein, weil der Kessel, der mehrere hunderte Meter tief unter dem Altiplano liegt, Schutz bot. Bei dem momentanen Autoverkehr (mit Motoren, die Unmengen von uebelstriechenden Abgasen ausstossen) wirkt sich die Lage eher fatal aus. Die Stadt wuchs die Haenge hinauf und breitet sich oben, in “El Alto”, am Altiplano immer mehr aus und die Hoehenunterschiede innerhalb der Stadt betragen 800 m: Der Altiplano liegt auf 4200, das Zentrum auf 3800, und die besten Wohngegegenden (auch mit Temperaturen, die etwas angenehmer sind) liegen noch 400 m tiefer im Sueden. Dort gibt es auch eine bizarre Landschaft, das “Valle de la Luna”, wo es ein bisschen aussieht wie bei den Erdpyramiden bei Bozen.

 

Hier hat uebrigens die Regenzeit begonnen, jeden Tag hatten wir am spaeteren Nachmittag oder Abend schon Niederschlaege, auch Hagel, am Chacaltaya Schnee. Heute regnet es fast den ganzen Tag, dadurch ist aber die Luft etwas angenehmer.

 

Morgen frueh werden wir vom Flughafen in “El Alto” ueber Lima und Panama nach La Habana fliegen, hoffentlich ist die Startpiste fuer den Airbus lange genug, denn in dieser Hoehe ist die Luft auch fuer Flugzeuge duenn.

 

Damit verlassen wir nach ueber sieben schoenen Wochen die Anden und den kuehlen Sommer hier heroben.

Und wir hoffen uns demnaechst – ¿im neuen Jahr? - aus der Karibik melden zu koennen.

 

¡Hasta luego!                                                    19. 12. 06

Tiwanaku, Eingang zum Tempel Kalasasaya
Huayna Potosí, 6088 m (Cordillera Real)
Blick vom Chacaltaya auf die Huette und El Alto
Blick auf La Paz von El Alto aus