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15.12.2024 : 0:55 : +0100

Guadalajara und die NGO IMDEC

Guadalajara ist die Hauptstadt des Bundesstaates Jalisco, aus dem der Tequila und die Mariachi kommen. Sie ist die zweitgroesste Stadt Mexikos, im Grossraum leben fuenf Millionen. Inzwischen ist die Luft schlechter als in Mexiko-Stadt, dort wurde sie in den letzten Jahren sogar etwas besser. Am gemuetlichsten ist das Zentrum von Tlaquepaque, einer eigenen Gemeinde, die mit der Grossstadt zusammenwuchs.

 

2000/2001 waren wir insgesamt ueber zwei Monate in Guadalajara und besuchten einen Sprachkurs (und unter anderem auch den Ort Tequila: www.kakanien.com/mexiko7.htm ).  Peter Li hat hier einige Jahre gelebt und bei IMDEC gearbeitet, einer NGO, die 1963 von einigen jungen Leuten gegruendet wurde, die davon traeumten und daran glaubten, dass es moeglich ist, eine andere Gesellschaft zu schaffen. (So schreibt der Leiter von IMDEC, Óscar Vargas López, im Vorwort des Jahresberichts Oktober 2005 bis September 06 - in freier Uebersetzung.)  IMDEC war an der Entwicklung der Educación Popular beteiligt. Sie „ist ein Ansatz der (politischen) Erwachsenenbildung, der sich aus der Pädagogik der Unterdrückten von Paolo Freire und aus den reichen Erfahrungen von Befreiungsbewegungen, Gewerkschaften, Genossenschaften, Sozialprojekten und anderen Basisorganisationen in ganz Lateinamerika entwickelt hat. (... Es) geht unmittelbar um das Leben der betroffenen Menschen, aber auch um die Gesellschaft und um deren Veränderung in Richtung mehr Gerechtigkeit. ... Lernen aus der eigenen Praxis und das Gelernte wieder in die Praxis umsetzen.“ (Aus der Ankuendigung der Lehrveranstaltung von Peter an der Wiener Soz.Ak.)

IMDEC arbeitet mit vielen Basisorganisationen und an deren Vernetzung. Ein Arbeitsschwerpunkt liegt momentan im Suedosten Guadalajaras in laendlichen Gemeinden, wo anstelle der Umweltzerstoerung zB eine nachhaltige Nutzung des Waldes erreicht werden soll; ein weiterer im staedtischen Grossraum dreht sich um das in Mexiko virulente Thema Wasser. Aus dem Osten kommt der Rio Santiago, an ihm liegen die Orte El Salto und Juanacatlán. Dort verschmutzen fuenfzig auslaendische Elektronik-Firmen (u. a. Hewlett-Packard) den Fluss in einem Ausmass, dass die Bevoelkerung davon krank wird. Die Vergiftung ist so stark, dass mit dem Wasser auch die Luft kontaminiert ist, der Geruch am Fluss ist bestialisch. Er fliesst dann im Norden von Guadalajara in die Barranca de Oblatos-Huentitán (eine riesige Schlucht) und nimmt einen Teil der ungeklaerten Abwaesser auf. Unterhalb des Zusammenflusses mit dem Rio Verde hat die Regierung von Jalisco nun mit den Vorarbeiten fuer einen Staudamm zur Trinkwasserversorgung begonnen, ein wahnsinniges Projekt, in dem es wieder einmal um viel Geld fuer einige Leute geht. Um es noch zu verhindern, arbeitet IMDEC mit den betroffenen Anrainern und anderen (auch nationalen) Organisationen an der Information und Mobilisierung der Oeffentlichkeit. Am 14. Maerz gab es eine gut besuchte Pressekonferenz (wir konnten am naechsten Tag in mehreren Zeitungen nachlesen, dass sie auch Resonanz hatte) und an drei Verkehrsknoten der Stadt Manifestationen mit Transparenten, Riesenluftballons, einem Lautsprecherwagen und Informationsmaterial, das an den Kreuzungen verteilt wurde. Diesem ist zB zu entnehmen, dass das Geld zur Errichtung des Staudamms besser investiert waere in die Verbesserung der Leitungen, aus denen 40 % des Wassers versickern, Sicherstellung der Sauberkeit der momentanen Trinkwasserreserven und Klaerung der Abwaesser. An zwei von diesen Strassenaktionen nahmen wir auch teil (obwohl dies nach mexikanischem Gesetz AuslaenderInnen untersagt ist), mit blauem T-Shirt und blauer Muetze mit entsprechenden Aufschriften hielten wir meist ein Transparent gegen den Wind.

Óscar und Brito, der Finanzchef von IMDEC, machten mit uns einen „Tagesausflug“ zu den erwaehnten Orten am Rio Santiago (nach Juanacatlán und nach Arcediano, wo der Staudamm geplant ist), wir kennen also die Gerueche persoenlich. Zufaellig hatten wir uns in Guadalajara auch den Film Das Parfum auf Englisch mit spanischen Untertiteln angesehen, der offenbar ein grosser Erfolg in Mexiko ist.

Im Zuge seiner Arbeit mit den Organisationen haelt IMDEC viele Seminare ab, fuer die die Raeume angemietet werden muessen. Ein alter Traum von IMDEC war daher, ein eigenes Seminarzentrum zu haben, und seine Verwirklichung schien naeher gerueckt zu sein, als sie ein grosses Grundstueck in wunderschoener Lage am Rand der Stadt oberhalb der Barranca geschenkt erhielten. Dann suchten sie aber vergeblich nach Geldgebern fuer dieses Bauprojekt. Als Peter vor zwei Jahren seine Freunde in Guadalajara besuchte und mit Chuy am Grundstueck an der Barranca sass, fasste er den Entschluss, das Geld fuer den zentralen Teil, den Seminarraum, aufzutreiben. Dies gelang grossteils, sie konnten vor Kurzem mit dem Bau beginnen, der von einer Architektin, die mit oekologischen Materialien (zB Adobe) arbeitet, geleitet wird. Bald werden Mauern und Dach stehen, aber fuer die Fertigstellung (zB Fenster und Einrichtung) fehlen noch etwa 4000 Euro. Sollte jemand von den geschaetzten LeserInnen dazu etwas beitragen wollen, koennte er/sie das Konto von Suedwind-Tirol bei der Bank fuer Tirol und Vorarlberg / BTV, BZL 16000, Kto.Nr. 113-200022 Stichwort IMDEC benuetzen – vielen Dank.

 

Kurz nach unserer Ankunft in Guadalajara kamen wir in den Genuss eines IMDEC-Grillfests auf dem Bauplatz, aber das ist schon wieder ueber zwei Wochen her. Inzwischen sind wir naemlich bereits zehn Tage in Mexiko-Stadt, und wir werden uebermorgen in Muenchen landen, frueher als geplant. Die (vor-?)letzte Seite werden wir also schon zu Hause schreiben.

 

¡Hasta luego!                                       Mexiko D.F., 27. 3. 07

Rio Verde (links) und Rio Santiago (mit Schaum)
Rio Santiago bei Juanacatlán
Rio Santiago bei Juanacatlán
Brito (Mitte) und Óscar (rechts) im Gespraech mit Anrainer
Aktion gegen Staudamm, Parque Revolución
Aktion gegen Staudamm, Niños Heroes
Grundmauern des Seminarhauses, dahinter Barranca
Grillfest von IMDEC an der Baustelle